Wer von Lebach nach Dillingen oder Saarlouis auf der B 269 teilweise auch als B 10 ausgewiesen, eilig fährt, muß nach 2 km sein Tempo auf 50 km/h zurücknehmen, weil er sich dann in einer Senke in der neu gestalteten Dorfmitte von Knorscheid befindet. Das ist heute ein schmucker bepflanzter Dorfplatz mit Brunnenanlage und Dorfpavillon als ansprechender Vorplatz für die schmucke Kapelle, die der Heiligen Lucia geweiht ist. Dieser Platz erfährt in unserer Zeit eine Aufmerksamkeit, die ihm schon in den zurückliegenden Jahrhunderten gegolten hat.
In der Dorfmitte von Knorscheid, wo bereits eine Quelle reichlich Wasser besorgte, errichteten die Bewohner neben der Tränke schon früh eine kleines Gotteshaus für ihre selbstständige Pfarrei im Landkapitel Merzig des Archidiakonats Tholey, die neben der größeren Pfarrei im benachbarten Lebach, verpflichtet war, an der jährlichen Wallfahrt zum Luitwinusfest in Mettlach bereits um das Jahr 950 teilzunehmen. Ihre Unabhängigkeit verdankte die Pfarrei Knorscheid der Tatsache, dass sie nicht zur einflussreichen Vierherrschaft Lebach gehörte und eine eigene Lehenszugehörigkeit unter den nassauischen Grafen in Saarbrücken bis zur Französischen Revolution kannte. Knorscheid war für die Grafen abgelegen im Winkel zwischen den Grenzen der Vierherrschaft Lebach und der söterschen Herrschaft Dagstuhl.
1575 als das lutherische Bekenntnis in die Saarbrücker Lande kam, wurde Knorscheid an Reisweiler angeschlossen und dem lutherischen Pfarrer in Heusweiler unterstellt, der über die Kirchengüter verfügte. Die Einwohner blieben zum Teil noch katholisch und hielten sich zur Pfarrei Lebach. Selbst das Drängen der Stiftsherren von St. Arnual, die Eigner der Kapelle nun waren, vermochte die Knorscheider nicht zum Glaubensabfall bewegen. Es gelang aber damals der Zugriff auf die Glocken und das Kircheneigentum zugunsten der Heusweiler Kirche. Der Graf von Saarbrücken erkannte die entlegene Grenzlage und zeigte sich eher tolerant gegenüber den dortigen Untertanen und gestattete die Betreuung durch die katholische Pfarrei in Lebach. Der Kirchenbau aber geriet in der Folgezeit von Krieg und Drangsal in Verfall, dem aber die alteingesessenen Familien nicht tatenlos zusahen.
Nach den Wirren der Revolution, zur napoleonischen Kaiserzeit, bemühten sich die Knorscheider Bauersleute 1811. einen neuen Kirchenbau auf dem Grundriß der ersten Kapelle zu errichten. Die Vierherrschaft in Lebach war inzwischen durch den Kanton Lebach abgelöst und die Pfarrei Lebach war nunmehr Eigner des Kirchplatzes gleich gegenüber „Bauers Haus“. Das war der Wohnsitz der vermögenden Familie Bauer Knorscheid und in die 1711 Johann Jakob Weber eingeheiratet hatte. Seine Familie bemühte sich wohl am meisten um den Neubau des Gotteshauses. Im Glockenturm meldete sich die 30 kg schwere und 38cm im Durchmesser große Glocke „St. Lucia“. Die Inschriften lauteten „ORA PRO NOBIS“ und allerdings in der Quelle nicht vollständig wiedergegeben : „ Der Gemein hurchit (Vielleicht: knurchit) here ich – zur Ehre Gottes Laude ich.“ Die Glocke soll im II. Weltkrieg nach Niedersaubach gelangt sein.
Als 1822 der Verkauf des Mobiliars im hagenschen Schloß zur Motten auf dem Wege der Versteigerung erfolgte, erstand die Familie Weber die Einrichtungen der Schlosskapelle, die durch die Wirren der französischen Revolutionsjahre erhalten blieben. Die Kapelle im barocken Schloss war der Heiligen Lucia (Festtag 13. Dezember) geweiht. Es wurde erworben: der barocke Hochaltar mit dem Altarbild des Trierer Hofmalers Jean Louis Connet (um 1710), Holzstatuen der hl. Lucia und der hl. Barbara sowie des hl. Norbert, das gesamte Gestühl. Selbst die Reliquien waren noch vorhanden, und zwar eine Heiligkreuz- Reliquie und die Reliquienmonstranz der hl. Lucia. Sie wurde vom Trierer Weihbischof Johann Nikolaus von Hontheim (1701- 1790) zertifiziert. Die Notariatshelfer schrieben den Namen des Steigerers „Weber“ auf die Rückseite des Altars. Die wertvollen Erwerbungen lieferten für die neue Kapelle eine stillvolle Innenausstattung von besonderem Rang.
Wohl in der Mitte des 19. Jahrhunderts erhielt die Kapelle auf der Eingangsseite einen Vorbau. Er soll als Wohnung und Arbeitsplatz für einen Schneider gedient haben, der auch für das Gotteshaus sorgte. Die eigenartige Konstruktion wurde um die Jahrhundertwende abgerissen. Seither haben sich umsichtige Nachbarinnen um die Stätte des Gebetes und der Andacht gekümmert. Allerdings wurde nach dem Abriß auf der Frontseite der Rundbogen der Eingangstür durch einen waagerechten Sandstein ersetzt.
Autor: Klaus Altmeyer